Beim letzten Segeln machten wir wie üblich einen Nachttörn, um während der Nacht- und Morgenstunden lange Strecken, vor allem über das offene Meer zu gehen. Früh morgens, wir waren dabei unser Frühstück vorzubereiten, besuchte uns ein Schmetterling, ein neongelber Falter. An sich nichts außergewöhnliches, wir haben öfter irgendwelche Mitfahrer und Mitflieger, das offene Meer ist keine Wüste (und ich meine hier nicht unbedingt Bettwanzen, das ist eine andere Geschichte...). Er setzte sich auf die Reling, flatterte kurz mal zur Begrüßung mit den Flügeln, sammelte sich kurz und startete wieder. Er setzte sich etwas stotternd und eckig in Bewegung, der Wind schien leichtes Spiel mit ihm zu haben. Der Falter flog aber unbeeindruckt in Richtung Küste, dem böigen Wind trotzend. Das beeindruckende an der Geschichte? Das Festland war im Morgendunst kaum zu sehen. Ganz so, als würde eine Boeing 767 Crew beim zufälligen Blick aus dem Fenster einen Drachenflieger auf der Tragfläche sitzend erblicken, der ihnen freundlich zuwinkt, die Brille zurechtschiebt, sein Segel aufplustert und abspringt, um im nächsten Moment zu einem winzigen Punkt in den unendlichen Weiten des Himmels zu schrumpfen. Na ja, fast so.
Wir witzelten noch kurz über den Draufgänger, und schon war die Geschichte erledigt. Mir ging der gelbe Blitz aber partout nicht aus dem Kopf. Ich bewunderte den Schmetterling und hoffte, ja wünschte ihm einen sicheren Weg ans Land.

War es mutig drauf loszufliegen? Das Boot war, wenn auch nur kurz, ein sicherer Hafen.
War es abenteuerlich? Gewiss! Wir würden es vielleicht auch für dumm halten, aus unserer menschlichen Erfahrung. Ich weiß nicht wie gut oder wie weit Schmetterlinge sehen können, aber höchstwahrscheinlich nahm er nur die nähere Umgebung war, so wie auch wir nur im hier und jetzt leben, unfähig die Zukunft zu erkennen. Ich weiß auch nicht wie weit und wie lange Schmetterlinge über dem offenen Meer fliegen können. Vielleicht war es für ihn nur ein alltäglicher Morgenspazierflug? Ich weiß es nicht, war mir in dem Moment auch nicht wichtig.
Es ist der Mut, den wir bewundern, auf den es ankommt! Jeder Weg beginnt mit dem ersten Schritt, und alle getanen Schritte sind wertlos, wenn der Weg nicht zu Ende gegangen wird! Denn nur ein Ziel macht aus dem bloßen Gehen einen Weg!
So beobachtete ich den Schmetterling noch lange, bis sich das Bunte seiner Flügelschläge mit dem tiefblauen Meer vermischte und eine leise, kaum wahrnehmbare Sehnsucht auf einmal in den Augen kratzte... vielleicht schlugen auch nur einpaar Spritzer Meereswasser ins Gesicht Ich bin sicher, dass es Gottes Hand war, die den Schmetterling ans Land trug!
Und sie trägt auch uns, Tag für Tag, auch wenn wir nur die nächste Welle erkennen können. Und sie trägt auch uns auf dem Weg in das verheißene Land, dass wir nur schemenhaft in der Ferne erkennen können. Nach Hause...