Es ist mitten in der Nacht. Die Nacht ist kühl und zäh, es nieselt aus den tiefen Wolken und das Mondlicht erleuchtet nur spärlich das karge Weideland.
Du bist an der Reihe wache zu halten und hüllst dich in deinen Mantel auf der Suche nach etwas Wärme. Das kleine Feuer färbt das trockene Gras rötlich, ohne wirklich zu wärmen. Stille.

Nur das Bölken der Schafe und das Hundegebell aus dem Dorf ertönen gedämpft in der öden Winterlandschaft.

Die vielen Fremden, die die kleine Stadt in den letzten Tagen überlaufen, die vielen Reittiere machen sie wahnsinnig.
Hier ist wenig davon zu spüren und du kämpfst mit dem Schlaf, mehr oder weniger erfolgreich. Stille.
Es ist dein Hund, der das Unbekannte spürt und sich mit einem leisen Knurren aufrichtet. Du merkst seine Angst, er schmiegt sich an dein Bein.
Das tat er noch nie.

Ein Lichtkegel durchbricht die Dunkelheit und leuchtet euch Hirten aus, die graue Erde wird mit einem himmlischen Glanz erfüllt. Deine Kollegen schrecken aus ihrem Schlaf hoch und fallen aus Furcht vor diesem hellen Stern auf die Knie, unfähig zu handeln oder auch nur einen klaren Gedanken zu fassen.
„Was ist das?“
Eine Gestalt löst sich aus diesem Licht und kommt auf euch zu.

Eine Woge der Wärme und der Geborgenheit umgibt euch, dieses Licht ist klar und weich, es scheint förmlich greifbar. „Fürchtet euch nicht!“ So sieht also ein Engel aus...
„Fürchtet euch nicht! Ich verkündige euch große Freude!“ Der Engel spricht von dem Messias, der dem Volk geboren ist, der Rettung bringt und Frieden mit Gott.
„Herrlichkeit ist bei Gott in der Höhe und Friede auf Erden, und unter den Menschen Gottes Wohlgefallen!“, ertönt auf einmal ein herrlicher Gesang, noch nie hast du etwas Vergleichbares gehört.

Ein gewaltiges Heer singt Gott ein Loblied und das nur für euch!!
Du schaust dich um, etwas Mut geschöpft, und siehst außer deiner Kollegen und der ebenso erstaunten Tiere niemanden. Hat Gott sich vertan? Der Tempel ist in Jerusalem.
Oh ja, die Botschaft ist für euch, die Lieder für euch, der Friede für euch und die Freude ein Geschenk an euch!
Du schämst dich deiner Freudentränen nicht, dir wird klar, dass hier etwas Gewaltiges, etwas Einmaliges passiert.

Der Himmel berührt die Erde.
Gottes Herrlichkeit kommt in deine kleine Welt.
„Fürchte dich nicht“ sind Worte, die du verstehst, denn eben diese Furcht ist dein ständiger Begleiter in diesen dunklen Nächten.
Der himmlische Chor verstummt allmählich und der Glanz des Himmels zerstreut sich in der dunklen Nacht wie tausend Glühwürmchen.
Ihr schaut euch an und versteht euch ohne Worte – wir müssen dieses Kind sehen, diesen Retter, den Sohn Gottes, von dem der Himmelsbote sprach!
Ihr lauft in das Dorf, von unsichtbarer Hand geleitet und trifft auf das erstaunte junge Ehepaar und das Neugeborene in der Krippe.
Ein Kind.
Es ist zu dir gekommen. Mehr noch - Es ist für dich gekommen.
Gott wird ganz klein für dich, Er will für keinen zu groß sein.
Der Geruch der Tiere im Stall, das Stroh auf dem Boden und in der Krippe.
Es ist deine Welt, in die dein Retter gekommen ist.

Maria und Josef

Maria und Josef

Und ihr seid nicht allein – Weisen aus Persien knien vor dem Kind, nennen ihn König und packen edelste Geschenke aus. Und so kniet ihr nebeneinander – die Nahen und die Fernen, die mit leeren Herzen und die mit vollen Händen, die weisen und die einfältigen, die Suchenden und die Gefundenen.
Die Nacht ist zu wunderbar, um jetzt schlafen zu gehen. Ihr sprecht voller Staunen über den offenen Himmel und die Hoffnung, die der Engel euch verkündete, über die Weisen und das Baby, das sie König nannten, ihr dankt und singt Halleluja.
Schief und aus vollem Herzen.

Lukas 2,10-14

Würdest du am nächsten Abend nicht mit anderen Augen zum Himmel aufschauen?
In den grauen Wolken nur den Nieselregen sehen?
Oder den festlichen Glanz des Himmels?

Würde die Botschaft des Engels deinem Leben nicht neue Hoffnung und Sinn geben? Würde dieser Gesang dir nicht einen daumendicken Ohrwurm bescheren?
Für den Rest deines Lebens?
„Fürchte dich nicht!“ und „Friede mit dir!“

Und würde der Frieden, von dem die Engel sprachen, nicht noch greifbarer für dich, weil du den Friedensbringer mit eigenen Augen gesehen hast?
Die Engel versammelten sich wieder zum Schöpfer im Himmel, und doch blieb ein Teil von Ihm als ein Neugeborenes in der Krippe in Bethlehem.

Um uns Menschen die frohe Botschaft vom Frieden mit Gott nahezubringen.
Und diese Botschaft hat auch heute noch die gleiche erlösende Kraft wie damals, weil der Heiland, der Friedensbringer, der Menschensohn weiter unter uns Menschen lebt. „Wenn wir einmal das Angesicht Gottes sehen, werden wir erkennen, dass wir es schon immer gekannt haben,“ schrieb einst C.S.Lewis.

Diese Vorstellung ist faszinierend und kühn, sie ermutigt uns Gott in den Gesichtern unserer Mitmenschen zu sehen, in der Güte, die wir erleben, in dem Trost, der uns stärkt und in der Freude, mit der wir Ihn anbeten!

Ein frohes und gesegnetes Weihnachtsfest!